Durch die Sammeltätigkeit des „Historischen Vereines für Innerösterreich“ und des „Archivs des Joanneums“ kurz nach der Erfindung der Fotografie 1839 sind sehr frühe Fotografien in die Bestände des Hauses gelangt, die, aus fotohistorischer Sicht, zu den bedeutendsten Sammlungsteilen zu zählen sind.
Ziel der ersten fotohistorischen Ausstellung des Landesarchivs war es, einerseits einen Blick in die fotografischen Bestände des Steiermärkischen Landesarchivs zu gewähren und andererseits anhand von besonderen Stücken die Vielfalt und Qualität historischer Fotografien deutlich zu machen sowie ihre kultur-, kunst-, sozial- und zeitgeschichtliche und nicht zuletzt auch ihre fotohistorische Relevanz darzustellen. Dass sich dabei ein Einblick in die Entwicklung des Mediums Fotografie ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ergeben hat, war durchaus beabsichtigt. Voraussetzung für diesen fotohistorischen Aspekt war die Beschaffenheit der Bestände, deren älteste Objekte in die früheste Zeit der Fotografie zurückgehen und deren jüngste bis in die Gegenwart reichen.
Die Fotosammlung gibt es im Steiermärkischen Landesarchiv nicht. Die Fotobestände liegen vielmehr in einigen speziellen Sammlungsbereichen (in der Porträtsammlung, der Ortsbildsammlung und der Zeitgeschichtlichen Sammlung), sind aber häufig auch Teil höchst unterschiedlicher Archivkörper. Viele Fotografien finden sich in den Familien- und Kommunalarchiven sowie in diversen Nachlässen und Sonderbeständen.
Dementsprechend vielfältig sind Thematik, Entstehungszeit, Urheberschaft, technische Beschaffenheit und Provenienz der Fotografien.
Die Struktur der Ausstellung folgte der Struktur der großen Sammlungsbereiche. Diesem Prinzip entsprechend war sie in die Abschnitte Porträts, Topografische Aufnahmen sowie Bilder von Ereignissen / Zeitgeschichtliche Sammlung gegliedert.
Bei der Präsentation der Fotografien wurde auf jegliche Koexistenz mit anderen Archivalien verzichtet, d.h. die Fotos standen für sich selbst und wurden ausschließlich im Original gezeigt. Damit erfuhr die Fotografie als solche und das Original die ihnen gebührende Beachtung.
Die Porträts der 1840er und 50er Jahre stehen in ihrer Auffassung der Bildnismalerei der Zeit nahe. Das neue Medium erlebte, vor allem in Kreisen des aufstrebenden Bürgertums, kurz nach der Mitte des Jahrhunderts starke Verbreitung. Erstmals war es nun breiteren Schichten der Bevölkerung möglich, sich den Wunsch nach dem Abbild der eigenen Person zu erfüllen.
Bei den in der Ausstellung gezeigten Modellen der frühen Porträtfotografen handelte es sich durchwegs um bekannte Namen, vielfach um Angehörige von Adelshäusern. Die prominenteste Persönlichkeit war Erzherzog Johann von Österreich, der sich 1849 im Atelier von Fritz und Julie Vogel in Frankfurt am Main fotografieren ließ.
Die professionelle Atelierfotografie wurde durch eine Reihe namhafter, nicht nur Grazer, Fotografen repräsentiert.
Architektur und Landschaft gehörten neben dem Porträt zu den ersten Anwendungsgebieten des neuen Mediums. Die Ausstellung zeigte Graz, aber auch die Steiermark, in Ansichten aus der zweiten Hälfte des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, darunter Fotografien von Arbeiten am Steirischen Erzberg aus den 1870/80er Jahren oder, historisch wie fotohistorisch von besonderem Interesse, jene Serie von Aufnahmen, die vor, während und nach der in den Jahren 1853/54 erfolgten Demolierung von Gebäudeteilen der Grazer Burg entstanden ist.
Bis in die 60er Jahre des 19. Jahrhunderts fanden Ereignisse zumeist nur Eingang in die fotografische Bildwelt, indem ein Zustand nach einem Vorfall aufgezeichnet wurde oder die betroffenen Akteure vor der Kamera posierten. Mit dem Aufkommen technischer Neuerungen ab den 1880er Jahren wurden vermehrt bewegte Szenen aufgenommen. Aufnahmen von öffentlichen Veranstaltungen und anderen Geschehnissen fanden Eingang in die Presse oder wurden als illustrierte Postkarten vertrieben.
In den beiden Weltkriegen „knipsten“ Soldaten ihren Alltag an der Front oder in der Etappe, fotografierten mit Vorliebe zerstörte Waffen des militärischen Gegners oder Ruinen der eroberten Gebiete.
Die Produktion billiger Boxkameras erlaubte ab den 1920er Jahren immer mehr Knipsern, Aufnahmen von familiären Feiern, Treffen mit Freunden, von Ausflügen und Urlaubsreisen anzufertigen. Mit der Einverleibung in die Fotoalben und den Notizen zu den eingeklebten Abzügen entwarfen diese privaten Chronisten eine Geschichte ihres Lebens.
Im Rahmen der Arbeit mit den Fotobeständen wurde einer Reihe von Fragen nachgegangen, die teilweise beantwortet werden konnten und teilweise offen bleiben mussten bzw. in zukünftigen Arbeiten zu erforschen und zu klären sein werden.
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