1867 findet sich Ignaz Freiherr von Lazarini mit seiner Familie im Atelier des Fotografen Emanuel Mariot in der Realschulgasse 171 in Graz ein, um ein Gruppenfoto machen zu lassen.
Man entscheidet sich dafür, die Aufnahme in einer gestellten privaten Atmosphäre zu inszenieren, ein Trend, der in den fünfziger und sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts in der Atelierfotografie en vogue und stilbestimmend ist. Aufnahmen dieser Art werden vor allem von aristokratischen und großbürgerlichen Familien bevorzugt in Auftrag gegeben.
Prominente Beispiele hierfür sind Gruppenbilder von Ludwig Angerer (1827-1879), wie etwa eine Aufnahme der „Allerhöchsten Kaiserfamilie“ aus dem Jahr 1859. Sie zeigt den jungen Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth mit den Kindern Kronprinz Rudolf und Erzherzogin Gisela im Kreise der Familie in einem vergleichbaren Arrangement im Freien. Anm. 1

Das Familienfoto Lazarini ist als Interieuraufnahme konzipiert. In einer Art Salon gruppieren sich die anwesenden Personen um einen Tisch, der für eine Tee-Jause gedeckt ist. Die gemalte Atelierkulisse im Bildhintergrund ist einem barocken Schlossinterieur nachempfunden und wird durch Meublage-Stücke wie Spiegel, Vorhang, antike Säule mit Blumenbouquet, Gaslichtlampe, Teppich und Bildern an der Wand ergänzt. Auf den ersten Blick wirkt das Arrangement repräsentativ, sieht man jedoch genauer hin, bemerkt man eine gewisse Unbeholfenheit in den Details, die allerdings im Originalformat der Fotografie (10 x 14,1 cm) nicht so sehr ins Auge fällt. Die mitwirkenden Personen sind vom Fotografen sichtlich dazu angehalten, möglichst natürliche Posen einzunehmen, zu agieren, z. B. eine Teetasse in der Hand zu halten, und durch unterschiedliche Haltungen und Blickrichtungen Lebendigkeit ins Bild zu bringen. Dass das Szenarium aber nicht wirklich ungezwungen, sondern theaterhaft und wenig familiär wirkt, liegt in der Natur der Sache.

Das Familienoberhaupt, Ignaz Freiherr von Lazarini, k. k. Kämmerer und Ritter des Kaiserlich-Österreichischen Ordens der Eisernen Krone III. Klasse und zum Zeitpunkt der Aufnahme jubilierter Statthaltereirath in Graz Anm. 2, hat rechts im Bild am Tisch Platz genommen und blickt mit ernst-skeptischer Miene auf eine Karte, die ihm sein ältester Sohn Josef, der hinter ihm steht, präsentiert. Gattin Johanna „Netti“ Freiin von Lazarini geb. Freiin Ceschi di Santa Croce, die Dame mit dem Häubchen, ist Ignaz Lazarinis zweite Ehefrau. Sie sitzt in der Bildmitte und wendet sich in die entgegengesetzte Richtung wie ihr Mann. Die übrigen Personen sind Kinder von Ignaz Lazarini aus seinen beiden Ehen, zwei Schwiegertöchter und ein Schwiegersohn. Man sieht im Vordergrund sitzend Tochter Johanna (links) und Tochter Karoline verehelichte Freiin von Karg-Bebenburg (rechts). In der zweiten Reihe sitzen, von links nach rechts, Sohn Julius, dessen Frau Marie geb. Gräfin Zedtwitz, Ehefrau Johanna Lazarini, neben ihr Schwiegertochter Therese, eine geborene Lazarini, die Frau von Sohn Josef, und Ignaz Lazarini selbst. In der dritten Reihe stehen, von links nach rechts, Tochter Amalie – ihre Figur spiegelt sich in einem neben ihr platzierten Standspiegel, ein reizvoller gestalterischer Kunstgriff des Fotografen, der auf diese Weise Symmetrie im Bild erzeugt, so als gäbe es noch eine zusätzliche Person – , Sohn Carl, Tochter Maria „Mitzi“, Schwiegersohn Ludwig Freiherr von Karg-Bebenburg und Sohn Josef.
Vier weitere Familienmitglieder sind nicht persönlich anwesend. Sie sind in Form von Porträts, die hinter der Gruppe an der Wand hängen, dennoch mit dabei: Josepha Freiin von Lazarini geb. Gräfin Wagensperg, die 1834 verstorbene erste Ehefrau von Ignaz Lazarini (auf dem Bild in ovalem Goldrahmen in der Mitte, oben), Ludwig Dismas Freiherr von Lazarini, Ignaz‘ 1840 verstorbener Vater (auf dem kleinen Bild darunter) sowie Tochter Aloisia verehelichte Freiin von Sternbach (auf dem großen Bild rechts) und deren Ehemann Leopold Freiherr von Sternbach zu Stock und Luttach (auf dem Bild links). Dass die beiden letztgenannten Porträts Fotografien sind, lässt sich aus Aufnahmestil und Ausführung der Bilder schließen. Ludwig, der jüngste Sohn der Familie Lazarini, fehlt auf dem Foto. Er dient zu diesem Zeitpunkt in der k. u. k. Armee. Zwei weitere Söhne – Siegmund aus der ersten und Ludwig I. aus der zweiten Ehe – starben wenige Wochen nach ihrer Geburt.

Von der Fotografie existiert ein zweiter Abzug, auf dem nachträglich per Hand die Vornamen der dargestellten Personen vermerkt worden sind und dem, ebenfalls handschriftlich festgehalten, das Entstehungsjahr der Aufnahme 1867 zu entnehmen ist. Mithilfe der im Familienarchiv Lazarini vorhandenen Schriftstücke und Fotos, auf die später noch zurückzukommen sein wird, war es möglich, die Personen zu identifizieren und die Familienstruktur darzustellen. Beide Exemplare der Aufnahme, in Größe und Ausführung identisch, sind mit einem Prägestempel des Fotografen versehen: „Em. Mariot in Graz.“

Emanuel Mariot, mit bürgerlichem Namen Emanuel (Emil) Schielhabl, wird am 7.1. 1825 in Kromau in Mähren als Sohn eines Katastralgeometers geboren. Anm.3 Seine Kindheit und Jugend verbringt er in Linz und Steyr, wohin sein Vater versetzt wird. Zunächst entscheidet sich Emanuel Mariot, seiner künstlerischen Begabung folgend, für den Schauspielberuf, er dichtet und arbeitet nebenbei als Journalist. Einige Jahre ist er in Teschen, Bielitz und Tarnow als Theaterdirektor tätig. Bereits in seiner Jugend von der Camera Obscura fasziniert, verfolgt er in den 1840er Jahren mit großem Interesse die Entwicklung des neuen Mediums Fotografie und beginnt, sich einschlägig naturwissenschaftlich zu bilden. Anton Georg Martins 1846 und 1851 in Wien erscheinenden Werke zur Praxis der Fotografie Anm.4 veranlassen ihn dazu, sich selbst der Fotografie zuzuwenden. Er arbeitet zuerst nebenbei als Amateur und ab 1854 hauptberuflich als Wanderfotograf. 1858 unterhält er ein Atelier in Pest, 1862 lässt er sich als Fotograf in Graz nieder. Hier ist er in den Jahren 1867 bis 1871 mit einem Fotoatelier in der Realschulgasse (heute Hamerlinggasse) bzw. in der Karl Ludwig Straße 171, später 2 (heute Burgring) nachweisbar. (Abb.1) 1868 ist Mariot in Ischl und im selben Jahr fotografiert er, als einer der ersten Fotografen mit Magnesiumlicht, in der Adelsberger Grotte. Anm. 5 Diese Aufnahmen machen ihn berühmt. Seit den frühen 1860er Jahren beschäftigt sich Mariot mit fototechnischen Fragen und hier gilt sein besonderes Interesse den fotomechanischen Reproduktionsverfahren.

1866 erfindet er, basierend auf Vorarbeiten anderer, ein Verfahren, welches er „Oleographie“ Anm.6 nennt, eine Vorgängertechnik des späteren Bromöldrucks. 1869 wird er als Leiter der photographischen Abteilung an das k. u. k. Militärgeographische Institut in Wien berufen, nachdem er eine Methode entwickelt hat, Fotografien auf Kupferplatten zu übertragen und im Tiefdruck mittels Kupferdruckpresse zu vervielfältigen. Er forscht und arbeitet weiterhin intensiv auf dem Gebiet der fotomechanischen Reproduktionstechniken und publiziert seine wissenschaftlichen Erkenntnisse regelmäßig in der Photographischen Correspondenz Anm.7 und in anderen Fachzeitschriften. Für seine diesbezüglichen Leistungen und auch als Fotograf wird er mehrfach geehrt und ausgezeichnet. Emanuel Mariot, seit 1881 Mitglied der Photographischen Gesellschaft in Wien, stirbt am 7. 8. 1891 in Wien.

Die vorgestellte Fotografie der Familie Lazarini befindet sich im Steiermärkischen Landesarchiv im Familienarchiv Lazarini. Der Bestand wurde dem Archiv 1924 von einem Mitglied der Familie testamentarisch überantwortet. Anm.8 Aus Anlass der Vorbereitung der Ausstellung „Ein.Blick. Die fotografischen Bestände des Steiermärkischen Landesarchivs“ im Jahr 2011 wurde das Archiv Lazarini überblicksmäßig gesichtet. Für die aktuelle Bearbeitung des vorgestellten Familienfotos wurden die Recherchen im Archiv intensiviert, vor allem mit dem Ziel, Aussagen darüber treffen zu können, was im Detail an Fotografien vorhanden ist und zu dem Zweck, diese Fotografien einzelnen Personen und Örtlichkeiten zuordnen zu können.
Inhalt des umfangreichen Familienarchivs sind handschriftliche und gedruckte Texte, Aufzeichnungen, Dokumente, Urkunden, Korrespondenzen, Notizen, Stammbäume, Wappen, Vermählungsanzeigen, Partezettel, Zeitungsausschnitte, handschriftliche Texte, Stiche, Broschüren, illustrierte Postkarten, Fotografien u. v .a. m. zur Geschichte der weitverzweigten freiherrlichen Familie Lazarini (auch Lazzarini) von den Anfängen in der Mitte des 17. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre sowie ein großer Bestand an Archivalien und Aufzeichnungen zu anderen, z. T. verwandten und verschwägerten, Adelsfamilien.
Bei der Bearbeitung der ausgewählten Kartons, d. h. jener, in denen sich neben schriftlichem Archivmaterial auch Fotografien befinden, hat sich bald herausgestellt, dass der Schwerpunkt dieses Teils des Archivs auf dem Zweig der Freiherren von Lazarini-Zobelsberg (auch Zobelsperg) liegt, d. h. jenem Teil der Familie, auf den sich auch das Gruppenfoto bezieht. Anm.9
Gesammelt, zusammengestellt, erforscht, bearbeitet und erläutert, aber auch neu erstellt, wurden die Archivalien in den 1860er Jahren von Ignaz Freiherrn von Lazarini-Zobelsberg (geb. 1799 in Fiume, gest. 1888 in Innsbruck), dem bereits mehrfach erwähnten Oberhaupt der auf dem Gruppenfoto versammelten Familie.
Es hat den Anschein, als hätte Ignaz Lazarini, von dem eine große Zahl handschriftlicher Notizen aber auch fertiger Texte und dazugehöriger ausführlicher Anmerkungen zur Familiengeschichte und eine Vielzahl schriftlicher Recherchen stammen, eine Familienchronik vorbereitet, die er selbst nicht vollkommen fertigstellte oder nicht fertigstellen konnte und die auch nie geschrieben worden ist. Die von ihm gesammelten sowie auf intensiven genealogischen Forschungen beruhenden von ihm erstellten Archivalien sind u. a. die Grundlage für eine detaillierte Stammtafel der gesamten Familie Lazarini (Lazzarini) mit all ihren Linien und Zweigen Anm.10. Sie dürfte von seinem Sohn Oberstleutnant Julius Freiherr von Lazarini (1839-1914, auf dem Familienfoto links im Bild, sitzend) stammen bzw. von ihm fertiggestellt worden sein. Ignaz Freiherr von Lazarini hat für die Mehrzahl der in der Stammtafel aufscheinenden Personen 164 Mappen angelegt und mit personenbezogenen Archivalien bestückt. Anm.11 Die Nummern auf den Mappen korrespondieren mit den Nummern der Personen auf der Stammtafel. Ergänzungen, u. a. zum Zweig der Lazarini-Battiala (Jablanitz), und teilweise zu den Biographien von Ignaz Lazarinis jüngeren Kindern und Enkelkindern stammen von Julius Freiherrn von Lazarini. Was die nachfolgende Generation betrifft, so hat nach dem Tod von Julius Lazarini 1914 dessen Sohn Wilhelm Freiherr von Lazarini (geb. 1868) das Familienarchiv weitergeführt, d. h. Nachträge, Ergänzungen und Kommentare hinzugefügt und das Archiv schließlich, wie erwähnt, 1924 testamentarisch dem Steiermärkischen Landesarchiv in Graz vermacht.

Um auf das in Rede stehende Familien-Gruppenfoto zurückzukommen: Ignaz Freiherr von Lazarini, das geht aus seinen persönlichen Aufzeichnungen hervor Anm. 12, hat Graz, wo er seine berufliche Laufbahn als k. k. Statthaltereirath beendet hat, 1867 gemeinsam mit seiner Frau Netti und seiner Tochter Johanna verlassen und ist nach Innsbruck gezogen, wo er 1888 gestorben ist. 1867 ist auch das Gruppenfoto entstanden. Möglicherweise hat sich die Familie aus diesem Anlass für das Foto in Graz zusammengefunden. Ein vergleichbares Gruppenfoto, auf dem so viele Familienmitglieder versammelt sind, findet sich im Archiv Lazarini nicht. Julius Freiherr von Lazarini und seine Frau Marie haben sich etwa zur selben Zeit ebenfalls von Emanuel Mariot einzeln porträtieren lassen. (Abb.2 und 3) Auf den beiden Porträts findet sich derselbe Stempel wie auf dem Gruppenfoto und Marie trägt dasselbe Kleid, allerdings etwas anders adjustiert.

Im Familienarchiv Lazarini, in dem naturgemäß das schriftliche Archivgut bei weitem überwiegt, spielen Fotografien eine wichtige Rolle. In den meisten der erwähnten „Personenmappen“ gibt es neben anderen Archivalien auch Fotografien. Man gewinnt den Eindruck, dass die Fotografien wie selbstverständlich in die Sammlung integriert worden sind, seien es in der Zeit aufgenommene Fotos von Personen, fotografische Reproduktionen von gemalten oder aquarellierten Bildnissen, die vor der Erfindung der Fotografie entstanden sind, oder seien es Fotografien von Orten und Örtlichkeiten, die für die Familiengeschichte von Bedeutung waren. Die Fotografien sind oft auf Papier montiert und dies meist so, dass man sie umklappen und auf diese Weise auch die Rückseite des jeweiligen Fotos mit dem Autor und dem Entstehungsort sehen kann oder sie liegen lose in den Mappen. Häufig sind sie auf der Rückseite per Hand beschriftet oder den Fotos liegen Zettel mit einem Kommentar bei.
Die inhaltlich-fotohistorische und fototechnische Analyse der rund 200 Fotografien im Archiv Lazarini lässt folgende Aussagen zu: Schwerpunkt sind naturgemäß die Personenfotos. Hier gibt es aus der Frühzeit der Fotografie, d. h. aus den 1850er und frühen 1860er Jahren eine ganze Reihe interessanter Beispiele von Porträtaufnahmen, Einzel- oder Doppelporträts bzw. auch Gruppen von bis zu fünf Personen, ausgeführt als Salzpapiere oder Albuminpapiere und teilweise nachträglich koloriert. (Abb. 4). Manche Salzpapiere sind in mehreren Abzügen vorhanden. Als namhafte Fotografen sind der schon angesprochene Emanuel Mariot, der Mitglieder der Familie Lazarini mehrmals fotografierte, und vor allem Ludwig Angerer zu nennen. Die meisten Porträts aus dieser frühen Zeit in der Sammlung Lazarini sind jedoch anonym, d.h. sie tragen keine Fotografen-Signaturen.Aus der Hoch-Zeit der professionellen Atelierfotografie der zweiten Hälfte der 1860er bis in die 1890er Jahre gibt es eine große Zahl an Aufnahmen in allen gängigen Standardformaten, entstanden an verschiedenen Orten – abhängig davon, wo die einzelnen Familienmitglieder gelebt oder sich gerade aufgehalten haben – und gefertigt in verschiedenen mehr oder weniger namhaften Fotoateliers. Es sind Grazer Namen vertreten wie Samuel Volkmann „Photographie Parisienne“, Franz Völker, Ferdinand Mayer, Beer & Mayer, Otto Zintl, J.B. Rottmayer & Zintl, Alois Petunvill, Julius Czepan u. a. und vor allem Leopold Bude (1840-1907), von dem viele Aufnahmen stammen.
In den Auftragsbüchern des Ateliers Leopold Bude, die im Steiermärkischen Landesarchiv liegen, scheinen Mitglieder der Familie Lazarini als Kunden mehrfach auf. Anm.13
Von Wiener Ateliers sind aus der frühen Zeit vor allem Ludwig Angerer und Karl Skutta zu nennen und eine Reihe späterer Atelierfotografen wie Josef Székely, Julius Gertinger, Rupert Pokorny, Pokorny & Reuter, Othmar von Türk, Atelier Adèle u. a. Viele Aufnahmen stammen aus Ateliers in verschiedenen Städten der Monarchie, hier speziell von Militärs, entstanden an Orten, an denen sie gerade stationiert waren.
Neben den Arbeiten von professionellen Fotografen finden sich auch Amateuraufnahmen, allerdings nicht in großer Zahl. Einen (oder mehrere) „Knipser“ dürfte es in der Familie nicht gegeben haben, wenn ja, haben diese Aufnahmen nicht den Weg ins Archiv gefunden.Die restlichen Fotografien sind topografischer Natur. In der Hauptsache sind es Ansichten und Detailansichten von Orten, an denen Mitglieder der Familie gelebt haben und Aufnahmen von Immobilienbesitz der Familie Lazarini bzw. angeheirateter Familien, u. a. die Schlösser Weissenstein (Bostanj) bei Großlup in der Nähe von Laibach (im Besitz der Familie Lazarini-Zobelsberg) und seine Umgebung, Schloss Wolfsthurn bei Mareit in Südtirol (im Besitz der Familie Sternbach), Schloss Greißenegg bei Voitsberg (im Besitz der Familie Wagensperg), das sog. „Brünnerhaus“ in Bad Gleichenberg (erbaut für Wohnzwecke und für die Unterbringung von Kurgästen von Johanna Lazarini, der zweiten Ehefrau von Ignaz Lazarini).

Von diesen für die Familie bedeutsamen Orten gibt es Fotografien mit und ohne Personen, auch Interieur-Aufnahmen, professionelle Fotografien und Foto-Ansichtskarten aus verschiedenen Zeiten. Vom Stammsitz der Familie Lazarini-Zobelsberg in Zobelsberg (Čučperg) bei Ratschna (Racna), nicht weit von Laibach, sind fotografische Reproduktionen von Stichen der ehem. Herrschaft und Fotos aus der Umgebung erhalten. In die Dokumentation mit einbezogen sind schließlich auch noch Fotografien von Häusern in Graz, in denen Familienmitglieder gewohnt haben und Aufnahmen der Wohnungen Stempfergasse 1 (Wohnung von Julius Lazarini in den 1880er Jahren), Hamerlinggasse 8 (zwei Wohnungen im zweiten bzw. dritten Stock, bewohnt von den Brüdern Josef bzw. Julius Lazarini), Jakominiplatz (Wohnung von Ignaz Lazarini) und Klosterwiesgasse 41.
Der Blick auf den Fotobestand Lazarini macht deutlich, wie sehr den Familienarchivaren daran gelegen war, in das umfangreiche schriftliche Archiv fotografische Bildbelege hineinzunehmen – dies seit der Frühzeit der Fotografie und in allen Anwendungsbereichen des Mediums.
Zudem bietet sich im Falle des Familienarchivs Lazarini die seltene und interessante Gelegenheit, Familienfotos, entstanden ab der Frühzeit der Fotografie bis in die 1920er Jahre, an dem Ort und in dem Kontext vorzufinden, welche ihnen von den Archivaren seinerzeit zugewiesen worden ist. Das Archiv ist heute noch in dem Zustand, in dem es 1924 ins Steiermärkische Landesarchiv gekommen ist und seine Aufbewahrung in einer Art Tresor ist nach wie vor die ursprüngliche.
Ignaz Freiherr von Lazarini, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts damit begonnen hat, das Archiv anzulegen, hat offensichtlich die damals noch junge Fotografie in ihrer Funktion als Dokumentations- und zugleich Illustrationsmittel erkannt und genützt. Darüber hinaus hat er, ebenso wie sein Nachfolger als Familienarchivar, sein Sohn Julius, die Fotografie als Vervielfältigungsmedium verwendet, indem er gemalte und (druck)grafische Bildnisse und Ortsansichten fotografisch reproduzieren ließ und auf diese Weise in die Sammlung integriert hat.
Die Wertschätzung, die der Fotografie an sich und dem Foto als Objekt entgegengebracht worden ist, wird auch in der Tatsache spürbar, dass der Großteil der montierten Fotografien so fixiert wurde, dass die Fotorückseite mit ihren Informationen zum Fotografen einsehbar ist – eine Vorgehensweise, die im praktischen Umgang mit Fotografien bis heute nicht selbstverständlich ist.


Familienfotos wie sie im Archiv Lazarini zu finden sind, werden üblicher Weise in Alben aufbewahrt, auf Kommoden und Tische gestellt, in Laden gelegt oder an die Wand gehängt. Sie erfüllen dann eine andere Funktion, die der Repräsentation und des Sich-Erinnerns. Man kann davon ausgehen, dass es in der Familie Lazarini solche Fotografien ebenfalls gegeben hat. Im Archiv Lazarini haben die Fotografien ihren Platz in den Mappen zwischen den schriftlichen Archivalien gefunden, nicht allein als deren optimale und äußerst bereichernde Ergänzung, was sie zweifellos sind, sondern darüber hinaus als gleichwertiger Teil der Dokumentation und Tradierung von Familiengeschichte.


Anmerkungen:
1 Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pf 19.000 E 332
www.bildarchivaustria.at/Pages/ImageDetail.aspx?p_iBildID=1654372 (abgerufen am 10.3.2014)
Ulla Fischer-Westhauser und Gerda Mraz, Elisabeth, Prinzessin in Bayern, Kaiserin von Österreich, Königin von Ungarn, Wien München, 2008, S. 105

2 „Ein Jubilierter heißt einer, der sein Amtsjubiläum gefeiert hat und danach in Ruhestand versetzt ist.“ Zit. Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Band 4, 2. Abt., Leipzig 1877

3 Zu Emanuel Mariot: o. A., Regierungsrat Emanuel Mariot, in: Photographische Correspondenz, August 1891, S. 396 ff (Nachruf); Timm Starl, Lexikon zur Fotografie in Österreich 1839 bis 1945, Wien 2005, S. 311; ders., Biobibliografie zur Fotografie in Österreich, http://fotobiobibliografie.albertina.at/d/fotobibl/einstieg.html (abgerufen am 10.3.2014), mit Literaturangaben

4 Anton Georg Martin, Repertorium der Photographie, Vollständige Anleitung zur Photographie auf Papier, Wien 1846; sowie Handbuch der Photographie oder vollständige Anleitung zur Erzeugung von Lichtbildern auf Metall, Papier und auf Glas, Daguerreotypie, Talbotypie, Niepcetypie, Wien 1851

5 vgl. dazu den Beitrag „Inneres der Lurgrotte, sog. „Schöne Grotte. Die Familie aus Ost“, 1894“ auf dieser Website / Fotografie des Monats Nr. 10

6 Emanuel Mariot, Oleographien, in: Photographische Correspondenz, Wien 1866, S. 79 ff.

7 Photographische Correspondenz bzw. Photographische Korrespondenz, Wien u.a. ab 1864

8 Übergabe an das Steiermärkische Landesarchiv in Graz laut Testament von Wilhelm Lazarini (1868-1926) vom 12. August 1924; StLA, Hausakten Hamerlinggasse, K-129, H-236 (Nr. III-108: Lazarini)

9 Es wurden die Kartons 1 „Nachforschungen Lazarini“ (bez.) und 2 „ Familienchronik“ (bez.) zur Geschichte der Familie Lazarini sowie die Kartons 3, 4, 6 und 8, in denen sich Mappen mit Schriftstücken und Fotografien zu einzelnen Personen befinden, bearbeitet und inhaltlich erfasst; StLA-Lazarini, Familie-K-1, K-2, K-3, K-4, K-6 und K-8

10 Stammbaum der Familie Lazarini in Karton 1, StLA-Lazarini, Familie-K-1

11 Die Personenmappen inklusive der Fotografien befinden sich in den Kartons 3, 4, 6, und 8.

12 Ignaz Freiherr von Lazarini erwähnt die Jahreszahl 1867 für seine Pensionierung und in der Folge für seine Übersiedlung mehrmals in seinen handschriftlichen Texten zur Familiengeschichte (StLA-Lazarini, Familie-K-2)

13 StLA-Bude, Leopold, Sammlung (Bände 1-25); vgl. dazu den Beitrag „Auftragsbuch des Fotoateliers Leopold Bude, Graz“ auf dieser Website / Fotografie des Monats Nr. 8

DIE FOTOGRAFIE DES MONATS | Nr. 24
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Emanuel Mariot (1825-1891), Pest und Graz
Gruppenfoto der Familie Lazarini-Zobelsberg, 1867
Albuminpapier, 10x14,1 cm (Karton 20,6x27,4 cm); Prägestempel auf dem Untersatzkarton „Em. Mariot in Graz“
StLA-Lazarini, Familie-K-4-66

Als Teil des Projekts „Im Fokus: Archiv und Fotografie“ konzipiert, wurde, nach der 2011 und 2012 gezeigten Ausstellung „Ein.Blick. Die fotografischen Bestände des Steiermärkischen Landesarchivs“, über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren jeweils eine „Fotografie des Monats“ präsentiert.
Die 24 Fotografien des Monats sind als Ergebnis einer vertiefenden Arbeit mit einzelnen Fotografien im Archivbestand zu sehen. Dabei wurden aus den reichhaltigen Fotobeständen exemplarisch signifikante Bildbeispiele herausgegriffen, Fotografien die einerseits Schwerpunkte und Besonderheiten der Sammlung widerspiegeln und andererseits wichtige Fixpunkte in der technischen und stilistischen Entwicklung der Fotografie seit ihrer „Erfindung“ 1839 markieren. Es wurde versucht, Fragen zu Provenienz, Entstehungsumstand, Bildautor, Darstellungsinhalt und Bedeutung der jeweiligen Aufnahme zu stellen und detailliert zu beantworten.

Die virtuelle Präsentation der Fotografie des Monats fand ihre Entsprechung im Foyer des Steiermärkischen Landesarchivs. Hier wurden die Fotografien analog zur Präsentation in der Website im Original gezeigt.

Mit den Fotografien des Monats als Ausgangspunkt für eine weitere vertiefende Auseinandersetzung mit den Fotobeständen des Hauses wurde schliesslich, im Mai 2016 und als Abschluss des Projekts „Im Fokus: Archiv und Fotografie“, die Publikation „Ein.Blick. Ausgewählte Fotografien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv“ präsentiert.

>> Das Buch "Ein.Blick. Ausgewählte Fotografien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv"


Texte: Dr. Barbara Schaukal
Redaktion: Heinz Kranzelbinder
www.archivundfotografie.at