Am 29. Oktober 1969 erscheint in der Grazer Tageszeitung Neue Zeit in der Rubrik Tagesgeschehen ein Artikel, der mit einem Foto des Zeltweger Fotografen Franz Hruby jun. illustriert wird.
Unter dem Titel „Obersteirer Gewinner bei SPÖ-Quiz – Junger Sägearbeiter aus Unzmarkt gewann transportables Fernsehgerät“ wird über die Übergabe eines Philips-Transistor-Fernsehapparates an die Sägearbeiter- und Landwirtfamilie Scheuerer berichtet. Josef, 22, der älteste Sohn der Familie, hat das Gerät als ersten Preis bei einem politischen Quizspiel der jungen SPÖ gewonnen.
Das Foto zeigt die Übergabe des Preises vor dem kleinen Anwesen der Scheuerers in Frauenburg, Thomasberg Nr. 4, im Oberen Murtal, in 1200 Meter Seehöhe. Als Überbringer fungiert SPÖ Nationalratsabgeordneter Sepp Schlager. Er wird von Ortsvorsteher Hugo Gekle (rechts neben ihm) und von SP-Bezirkssekretär Ludwig Sponner (links) begleitet. Der Politiker-Gruppe steht im Bild die Familie des Preisträgers gegenüber. Vater Gottfried Scheuerer, an den der Überbringer offenbar gerade das Wort richtet, Mutter Gottfrieda und vier der acht Kinder der Familie sind anwesend. Alle haben sich für das Ereignis, zu dem ein Fotograf mitgekommen ist, adrett gekleidet, vor allem das Familienoberhaupt, das in Steireranzug und Steirerhut erschienen ist. Der junge Mann rechts außen – das ist auf einem anderen Foto der Serie, auf dem er den Fernseher gerade in Empfang nimmt, ersichtlich – ist der eigentliche Preisträger, Sohn Josef.
In dem kurzgefassten Zeitungstext wird berichtet, dass Abgeordneter Schlager auch die Grüße und Glückwünsche des Parteivorsitzenden Dr. Bruno Kreisky überbrachte, und es wird betont, dass „mit diesem Fernsehgerät nun die große Welt in das Heim des Gewinners“ einzöge, „der somit weit mehr als bisher mit dem Geschehen in Wirtschaft und Politik konfrontiert“ werde (zit.). Das Foto ist eine von acht Aufnahmen, die der Fotograf von diesem Ereignis gemacht hat bzw. die erhalten sind.
Franz Hruby jun., 1932 in Holzgau in Tirol geboren, war zur Zeit der Entstehung der Fotoserie ein angesehener und vielbeschäftigter Fotograf in Zeltweg und Umgebung. Er ist der Sohn des Fotografen Franz Hruby sen. (1901–1986), der 1937 in Zeltweg ein Fotostudio eröffnete. Dieses wird seit 1998 in dritter Generation von Franz Hruby III. (geb. 1960), dem Sohn von Franz Hruby jun., und seiner Frau Marianne (geb. 1962) geführt. Ihr gemeinsamer Sohn Florian (geb. 1987) hat ebenfalls das Fotografengewerbe gelernt und arbeitet aktuell als Fotograf auf einem großen internationalen Passagierschiff.
Das Steiermärkische Landesarchiv hat 2005 einen großen Teil des Archivs von Foto Hruby angekauft. Der Bestand, rund 125.000 Schwarz-Weiß-Negative von Franz Hruby jun. im Kleinbild- und im Mittelformat, ist inhaltlich gut erschlossen. Die Negativhüllen waren handschriftlich mit einem Datum bzw. einer Jahreszahl und einer kurzgefassten Beschreibung der Bildinhalte versehen. Mittlerweile ist die Sammlung Hruby digitalisiert, textlich erfasst und kann für Archivanfragen herangezogen werden. Sie beinhaltet aktuelle Reportage-Fotografien aus den Jahren 1964 bis 1992, aufgenommen hauptsächlich in den Bezirken Knittelfeld und Judenburg.
Die Tatsache, dass in der Familie Hruby seit nun bald 100 Jahren professionell fotografiert wird und Traditionen hoch gehalten werden, rechtfertigt einen genaueren Blick zurück in die Geschichte des Fotohauses.
In der Wintersaison 1929 mietete er in Lech am Arlberg im Gasthof Krone ein Zimmer, das ihm als Fotoatelier und Wohnung diente. In dem Gasthof lernte er seine spätere Ehefrau Herta Weixler aus Zeltweg kennen, die dort als Stubenmädchen beschäftigt war. Die beiden heirateten am 8. 5. 1930 in Zeltweg.
Am 7. 11. 1930 meldete Franz Hruby sen. in Lech das Fotografengewerbe an, mit dem Standort Gasthof Krone. In einem an der Hauswand montierten Schaukasten, von dem Fotografien erhalten sind, wirbt er für seine Tätigkeit als Fotograf. Daneben arbeitete er in diesen Jahren in der Wintersaison auch als Hilfsschilehrer.
Das Geschäft mit Personenfotos, vor allem solchen der Wintersport-Gäste florierte, allerdings nur für kurze Zeit. Durch die Weltwirtschaftskrise und die 1933 eingeführte sog. Tausend-Mark-Sperre für deutsche Urlauber in Österreich blieben in der Region die Gäste immer mehr aus und die Fotografie stagnierte. Franz zog mit seiner Frau nach Holzgau in Tirol, wo am 6. 4. 1932 ihr Sohn Franz Xaver jun. zur Welt kam. Franz Hruby sen. fand aber hier keine Arbeit und so kam es zur Übersiedlung in die Steiermark, nach Zeltweg, wo Hertas Eltern lebten. Jedoch auch in Zeltweg war die Arbeitssituation für einen Fotografen ziemlich aussichtslos, sodass Franz sen. sich und seine Familie mit illegalen Reproduktionen von Hitlerporträts und Hakenkreuzen und ähnlichen Arbeiten notdürftig über Wasser hielt. Nach einem kurzen Aufenthalt in Lindau, wo er vorübergehend eine Arbeit als Retuscheur fand, und in Bregenz kehrte die Familie 1937 endgültig nach Zeltweg zurück und bezog Räumlichkeiten in der sog. „Villa Hiller“ (Zeltweg 134, heute Aichfeldgasse 4), wo Wohnung, Atelier und Labor unterbracht wurden.
1937 hatte man hier mit dem Bau eines Fliegerhorstes begonnen. Die Wirtschaft erlebte wieder allgemein einen Aufschwung und das Geschäft mit der Fotografie lief in der Folge recht gut. Herta arbeitete, von ihrem Mann ausgebildet, im Labor und in der Dunkelkammer mit. Dann kam der Krieg und 1939 bekam Franz Hruby sen. seine Einberufung als Fotograf bei der Bildstelle des Fliegerhorstes Zeltweg. 1940 absolvierte er in Wien und Klosterneuburg Ausbildungen für den Flugmeldedienst und zum Fliegerfotografen und arbeitete in der Auswertung von Luftbildaufnahmen. In dieser Funktion war er auch in Frankreich im Einsatz. 1943 hielt er sich im kroatisch-serbischen Raum auf, er war aber nie bei der kämpfenden Truppe. 1944 wurde er in der Fliegerschule Hildesheim zum Filmvorführer ausgebildet. Ende des Krieges war er als Frontzeichner der Waffen-SS im Raum Gnas in der Oststeiermark. Kurz vor der Kapitulation Deutschlands kehrte er, einem freundschaftlichen Hinweis seines Kommandanten, der ihm einen Urlaubsschein ausstellte, folgend, per Rad nach Hause zurück, er war soz. „der erste Heimkehrer“ in Zeltweg.
Die Stadt war 1944 und 1945 durch mehrere Bombenangriffe der Alliierten in weiten Teilen zerstört worden. Auch das Haus, in dem die Familie Hruby vor und während des Krieges gewohnt hatte, war schwer beschädigt worden und ist in der Folge ausgebrannt.
Vorübergehend kam die Familie im Haus von Freunden in der Aichfeldgasse unter. Nach dem Einmarsch der Russen wurde Franz und Herta Hruby eine Wohnung im Beamtenhaus der Firma Alpine in der Hauptstraße zugewiesen. Hier war auch die Kommandantur der russischen Besatzung untergebracht. Sohn Franz jun., damals 13 Jahre alt, befreundete sich mit einer Offizierin, von der er reiten lernte.
1946 nahm Franz Hruby sen. seine Tätigkeit als Fotograf wieder auf. In einem Stadl-Gebäude der Firma Alpine Zeltweg in der Bahnhofstraße 70 richtete er sich notdürftig ein Atelier samt Labor und Dunkelkammer ein.
Unmittelbar nach Kriegsende war das Inventar des Fliegerhorstes Zeltweg von der Bevölkerung ausgeräumt worden. Franz Hruby sen. kam so zu Einrichtungsstücken, die er für sein Atelier adaptierte, zu einer Hochglanz-Fotopresse, die er, wie er oft erzählte, auf dem Rücken nachhause getragen hat, und zu Kameras und Filmmaterial. Die großformatigen Negative für Luftbildaufnahmen zerschnitt er für seine Zwecke und verwendete sie für Porträtaufnahmen, u. a. von russischen Soldaten. Bezahlt wurden Fotoaufträge meist mit Naturalien und/oder mit Zigaretten, die man gegen andere Waren eintauschen konnte.
Sämtliche Negative und Abzüge, die Hruby sen. von russischen Besatzungssoldaten gemacht hatte, wurden beim Abzug der Russen im Juli 1945 von diesen konfisziert.
Auf die Russen folgten in Zeltweg als Besatzungsmacht die Briten. Vom Sohn des britischen Kommandanten des Fliegerhorstes Zeltweg lernte Sohn Franz jun. Englisch, was ihm später als Fotoreporter zugutekommen sollte.
Die Räumlichkeiten sowohl für das Atelier und den Laborbereich als auch für Wohnzwecke waren in den Jahren nach dem Krieg äußerst bescheiden, ebenso ihre Ausstattung.
In dieser Zeit beginnt Franz Hruby jun., im Labor mitzuarbeiten. Am 1.9.1948 wird er offiziell Fotolehrling im väterlichen Betrieb und er besucht die gewerbliche Berufsschule in Knittelfeld. Im April 1952 legt er in Graz die Gesellenprüfung ab.
Das Jahr 1954 bringt eine grundlegende Veränderung bei Foto Hruby. Auf Drängen seines Sohnes, der mittlerweile in die Firma eingetreten ist, meldet Franz sen. das Gewerbe „Kleinhandel mit Fotoartikeln“ an. Er selbst ist ein klassischer Atelier- bzw. Porträtfotograf, der die Arbeit mit der Retusche perfekt beherrscht und einsetzt und er hat keinerlei Interesse am Verkauf von Fotoartikeln. Sohn Franz jun. verspricht sich viel vom Handel mit Fotoartikeln und er interessiert sich für die Live-Fotografie, Porträtieren und Retuschieren liegen ihm nicht. Es kommt zu einem Konflikt zwischen den beiden, der aber beigelegt werden kann. Das Geschäft läuft gut an, vor allem die englischen Besatzungssoldaten sind in der ersten Zeit gute Kunden. 1954 lernt Franz jun., der in seiner Freizeit den Kunstradfahrsport betreibt1, bei einer Vorführung in Langenwang die junge Modistin Gerlinde Adler kennen und die beiden heiraten am 28. 10. 1956.
Im selben Jahr ziehen beide Familien Hruby in einen Neubau in der Aichfeldgasse 4, der von der Gemeinde an jener Stelle errichtet worden ist, an der die durch Bomben zerstörte Villa Hiller, in der die Familie Hruby sen. vor dem Krieg gewohnt und gearbeitet hatte, stand. Das Platzangebot für Atelier, Labor, Geschäft und Wohnraum für vier Personen, ist auch hier begrenzt und es muss improvisiert werden. Franz Hruby jun. hatte nur mit einer Sondergenehmigung seitens des Ministeriums für Wiederaufbau in dem als Wohnhaus deklarierten Gebäude ein Geschäft einrichten können, welches, das war Bedingung, jederzeit in Wohnraum rückführbar sein musste.
1962 ziehen die Familien Hruby sen. und Hruby jun. neuerlich um, in ein gemeinsam errichtetes Haus in der Zeltweger Schmiedgasse. Die Räumlichkeiten im Keller sind für Atelier, Dunkelkammer und Labor ausgebaut und fachgerecht adaptiert. Das Geschäft bleibt weiterhin in der nahe gelegenen Aichfeldgasse.
1963 kommen zum bisherigen Angebot von Foto Hruby die Herstellung und der Verkauf von Schwarz-Weiß-Foto-Ansichtskarten hinzu. Hier wird, speziell was die Luftbildaufnahmen betrifft, mit zwei externen Firmen zusammengearbeitet. Auch dieser Bereich expandiert rasch. 1968 erfolgt die Gründung eines eigenen Ansichtskartenverlages. Ab etwa 1970 wird die Schwarz-Weiß-Ansichtskarte mehr und mehr von der Ansichtskarte in Farbe abgelöst. Gerlinde Hruby, die Frau von Franz jun., betreut den Groß- und Detailhandel mit den Ansichtskarten, zu dem noch der Handel mit Glückwunschkarten und Briefpapier hinzukommt. Das Verkaufsgebiet von Foto Hruby geht über die Grenzen der Steiermark hinaus, bis nach Kärnten, nach Salzburg und ins Burgenland. Bildautor der Ansichtskarten ist Franz Hruby jun. selbst.
Daneben arbeitet Franz Hruby jun. als Presse- und Sportfotograf für Regionalzeitungen und für die Tageszeitungen Südost-Tagespost, Neue Zeit und Kronenzeitung. Ein weiterer Aufgabenbereich, der mehr und mehr expandiert, betrifft Reportagen von Hochzeiten und anderen privaten Veranstaltungen sowie Gruppenbilder und Porträts, in diesen Jahren bereits zunehmend in Color. Die Firma hat seit 1964 Angestellte beschäftigt, die im Labor und im Verkauf mitarbeiten, zumal auch immer mehr Fotoamateure ihre Filme zum Entwickeln und für die Herstellung von Abzügen ins Geschäft bringen.
1972 kommt es ein letztes Mal zu einem Ortswechsel. In der Hauptstraße 108 wird ein neues Sparkassengebäude errichtet, in das beide Familien Hruby und das Geschäft übersiedeln. Dahinter baut Franz Hruby jun. eine Halle, in welcher der Verlag, der Ansichtskarten- und Papiergroßhandel, das Fotolabor und ein großes Atelier, das für Aufnahmen von Großgruppen geeignet ist, untergebracht werden. Seit 1985 gibt es ein Farblabor, sowohl für den eigenen Bedarf als auch für die Ausarbeitung von Kundenaufträgen. Die Presse- bzw. Reportagefotografie geschieht weiterhin in Schwarz-Weiß. Am Standort Hauptstraße 108 befindet sich auch heute noch die Firma Hruby.
Franz Hruby sen. legt im Dezember 1972 das Gewerbe zugunsten seines Sohnes und Nachfolgers zurück und geht in Pension. Bei Bedarf arbeitet er noch in der Firma mit, wenn es um Porträts und Passbilder in Schwarz-Weiß oder um die Retusche geht. 1978 zieht er sich ganz aus dem Geschäft zurück. Am 9.1.1986 stirbt er 85jährig in Zeltweg.
Um auf die aktuelle Fotografie des Monats und die Rolle von Franz Hruby jun. als Reportagefotograf zurückzukommen: Wie bereits erwähnt, sind die 1960er Jahre für Franz Hruby jun. der Beginn einer langen und produktiven Tätigkeit als Bildberichterstatter und in diesem Genre ist er vor allem bekannt geworden. In den 1960ern hat sich in Zeltweg viel getan. Franz Hruby jun. war als angesehener Bürger und Geschäftsmann der Stadt bei lokalen Aktivitäten Mitinitiator und Mitwirkender und er ist soz. der Bild-Dokumentator aller wichtigen Ereignisse in der Region. So war er beispielsweise als Mitglied und später 2. Obmann sowie Pressereferent des Steirischen Motorsportclubs STMSC 1968 in die Vorbereitungsphase der Errichtung der Automobil-Formel-1-Rennstrecke in Spielberg bei Zeltweg involviert. Er hat die Luftaufnahmen von dem Areal für die Festlegung der Rennstrecke gemacht und er hat sämtliche Rennen seit der Eröffnung des Österreichringes 1969 fotografisch dokumentiert. Mit den Autorennsportgrößen, die in Zeltweg Rennen gefahren sind, war er in freundschaftlichem Kontakt und er hat sie alle fotografiert. Ebenso war er bei den „Vorgängerveranstaltungen“, den Automobilrennen auf dem Militärflugplatz des Fliegerhorstes Zeltweg nach dem Krieg (heute Zeltweg-Hinterstoisser) und den Formel-1-Rennen bis zur Eröffnung des Österreichringes mit seiner Kamera dabei. Auf dem Österreichring, später A1-Ring, hatte die Firma Hruby seit 1969 zudem mehrere Verkaufskioske für Fotomaterial, Ansichtskarten, Souvenirs, Getränke etc. Seine Aufnahmen zum Thema Motorsport hat Franz Hruby jun. einschließlich der Rechte an das Motorsportarchiv verkauft.2
Franz Hruby jun. (geb. 1932), Zeltweg
„Kreisky-Schlager, Fernsehgerätübergabe Frauenburg, 26. Oktober 1969“ (bez. auf Filmhülle)
Digitaldruck nach einem Datensatz von einem Kleinbildnegativ 24x36 mm
StLA: Slg. Hruby, HR_1969_363_004